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![]() Landpost - LandverkraftungIm Jahre 1927 wurden von der Deutschen Reichspost erstmalig Versuche unternommen, die Landbevölkerung durch den Einsatz motorisierter Fahrzeuge postalisch zu versorgen (Landverkraftung, Landpostverkraftung). Zu diesem Zweck wurden Fahrrouten durch die Landregion geplant, auf deren Weg möglichst viele Gemeinden angefahren werden konnten. In diesen Gemeinden wurden die sog. Landpoststellen errichtet, sofern nicht bereits ein Postamt (Poststelle I) existierte.Landpoststellen waren privat geführte Poststellen (Poststellen II Land), die Verwendung eines Postdatumstempels war dort nicht erlaubt. Statt dessen wurde die Herkunft einer Sendung mit dem Landpoststempel dokumentiert (immer neben der Marke). Die Landpoststellen boten die gleichen Dienstleistungen wie ein Postamt. Selbst der Postscheckdienst war dort eingerichtet. Die Deutsche Reichspost hatte seinerzeit das Ziel, eine möglichst flächendeckende Versorgung ihrer Leistungen anzubieten. Man darf nicht vergessen, daß zur damaligen Zeit, die Motorisierung der Bevölkerung erst am Anfang war. Um das nächstgelegene Postamt zu erreichen mußten oft mehrere Kilometer zu Fuß zurückgelegt werden. Dieser Weg war gefahrvoll, oft kam es vor, daß man nach der Auszahlung seiner Rentenbezüge auf dem Heimweg überfallen und beraubt wurde. Da derartige Verbrechen in den 20er Jahren stark überhand nahmen, entschloß sich die Deutsche Reichspost die „Landverkraftung“ durchzuführen. An den Landpoststellen konnte man neben gewöhnlichen Briefsendungen auch Einschreiben aufgeben, sowie Wertbriefe, Nachnahmesendungen, Päckchen und Pakete. Registrierte Sendungen mussten vom Betreiber der Landpoststelle in das Annahmebuch eingetragen werden, und wurden bei Abholung vom Landpostfahrer gegengezeichnet. Die Landverkraftung war für die Deutsche Reichspost ein großer Erfolg. Durch den Einsatz motorisierter Fahrzeuge konnte man entlegene Gegenden in kurzer Zeit erreichen. Deshalb wurden in fast allen Stadtteilen und Vororten Landpoststellen eingerichtet. Praktisch jedes Oberamt im Gebiet der Deutschen Reichspost unterhielt in seinem Landbereich Landpoststellen. Die Landverkraftung war so erfolgreich, daß sich einzelne Landpoststellen bis in die 60er Jahre hinein hielten. Im Laufe der Jahrzehnte wurden viele Landpoststellen aufgelöst und durch Postämter ersetzt. Grund dafür war der sprunghafte Bevölkerungszuwachs in den Gemeinden. Die nebenberuflich geführten Landpoststellen waren aufgrund des zunehmenden Andrangs überlastet.
Landpost in EsslingenIm Landbereich des Oberamts Esslingen gab es zu Beginn der Landverkraftung bereits mehrere Postämter. Einige dieser Postämter existierten bereits im 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhundert, also lange vor der Landverkraftung (Altbach, Deizisau, Ruit, Neuhausen, Nellingen, Denkendorf, Scharnhausen und Berkheim). Die Postämter Berkheim und Scharnhausen wurden aufgelöst und statt dessen Landpoststellen eingerichtet.Während in Scharnhausen bis in die 50er Jahre hinein die Landpoststelle existierte, wurde in Berkheim bereits nach weniger als 2 Jahren die Poststelle (II) wieder aufgelöst und wieder eine Postagentur eingerichtet. Der vor der Landverkraftung in Berkheim geführte Tagesstempel „Berkheim O.A. Esslingen“ wurde wieder eingesetzt. Zweimal pro Tag wurden die Landpoststellen der Reihe nach angefahren und die zu befördernden Postsendungen eingesammelt (diese wurden in der Briefabgangsbearbeitung des zuständigen Hauptpostamts zur Weiterbearbeitung abgegeben). Gleichzeitig wurde die zuzustellende Post für den Zusteller in der Landpoststelle deponiert. Vom Esslinger Hauptpostamt ausgehend waren zwei Landpostrouten geplant, die werktags je zweimal und sonntags je einmal abgefahren wurden. Die erste Route versorgte die Esslinger Filialorte und die Schurwald-Orte, die zweite Route führte auf die südlich von Esslingen gelegenen Fildern.
Im Esslinger Heimatbuch von 1931 sind diese beiden Routen (die sog. Schurwaldlinie und die Filderlinie) sehr schön beschrieben. Auf der Filderlinie wurden zusätzlich einige Orte angefahren, die vor der Einführung der Landverkraftung von Stuttgart aus versorgt wurden. Das ist nicht ungewöhnlich, die tägliche Fahrt auf die Fildern wurde dadurch wesentlich rentabler. Schurwald - Linie 1
Filder - Linie 2
Ich habe die Stationen der beiden Linien um die Orte Oberesslingen, Altbach und Neuhausen ergänzt. Ich gehe davon aus, daß diese Postagenturen ebenfalls angefahren wurden, zumal die Strecke der Linien durch diese Vororte hindurchgeführt hat. Warum Otto Wurster diese Postagenturen nicht mit eingezeichnet hat, kann ich nicht sagen.
Auf der Schurwaldlinie wurde zusätzlich der Ort Aichelberg angefahren, der ursprünglich von Endersbach aus postalisch versorgt wurde.
Für Endersbach bedeutete dies eine spürbare Entlastung, denn Aichelberg - weit oberhalb Endersbach gelegen - war besonders bei schlechtem Wetter oder im Winter nur sehr schwer zu erreichen.
LandpoststempelLandpostbelege kann man sehr leicht erkennen, charakteristisches Merkmal sind die Landpoststempel. Diese Stempel waren ein reiner Herkunftsnachweis, sie durften nicht zum Entwerten der Freimarken verwendet werden. Deshalb sind sie immer neben den Marken abgeschlagen (allerdings gibt es auch Ausnahmen).Die Stempelfarbe war schwarz, blau oder violett; die Farbe rot war verboten. Für die Entwertung der Marken wurde in der Briefabgangsbearbeitung bei den Hauptpostämtern spezielle Poststempel verwendet. In Esslingen war dies der Poststempel "Esslingen (Land)". Vorgeschrieben war dies allerdings nicht, oft wurden auch Werbestempel zur Entwertung der Marken abgeschlagen. Wichtig war nur, daß die Marken mit einem gültigen Poststempel entwertet wurden, und der Brief ein Stempeldatum erhielt. Bei den Landpoststempeln des OA Esslingen lassen sich 5 Haupttypen unterscheiden, die den Landpoststellen von der Deutschen Reichspost zur Verfügung gestellt wurden: Während der immerhin 35 Jahre dauernden Landverkraftung wurden an den Esslinger Landpoststellen 5 unterschiedliche Stempeltypen verwendet (ich bezeichne diese als Haupttypen):
Neben den Haupttypen finden sich noch einige Landpoststempel, die sich deutlich von den Haupttypen unterscheiden, und nur an einem, oder wenigen Landpoststellen verwendet wurden. Die Existenz dieser Sondertypen ist womöglich darauf zurückzuführen, daß der Landpoststellenhalter bei Verlust des Landpoststempels diesen selbst ersetzen mußte. Der Ersatzstempel sollte möglichst schnell und billig beschafft werden. Beispiele:
Die privat geführten Landpoststellen im Esslinger Umland wurden teilweise bis 1963 betrieben.
Der starke Bevölkerungszuwachs in den Vororten führte hauptsächlich in den 50er Jahren zur Einrichtung zahlreicher Postämter, die Landpoststellen wurden nicht mehr benötigt und aufgelöst.
Die Landpoststellen, die sich im Stadtbereich befanden, bekamen später Tagesstempel mit der PLZ 73, aber mit zweistelligen Postamtskennziffern. Viele dieser Postämter wurden bereits in den 70er Jahren wegen Unrentabilität geschlossen, oder in neuester Zeit durch Postagenturen ersetzt. Obwohl ich die Esslinger Landpoststempel schon seit vielen Jahren sammle und intensiv danach suche, fehlen mir immer noch einige Abschläge. Sollten Sie Belege mit Esslinger Landpoststempeln abzugeben haben, setzen Sie sich bitte mit mir in Verbindung.
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